Das Thema Rauhnacht habe ich im letzten Beitrag ja schon einmal kurz angeschnitten. Heute möchte ich es etwas vertiefen und euch etwas genauer über die Rauhnächte, deren Herkunft, Bedeutung und Bräuche erzählen und ein paar Anregungen geben was ihr draus machen könnt.
Die Rauhnächte (auch Raunächte oder Rauchnächte) sind einige Nächte um die Weihnachtszeit denen besonders im Alpenraum große Bedeutung zugemessen wird. Woher der Name Rauhnacht wirklich abgeleitet wird, darüber sind sich Volkskundler nicht ganz einig. Es könnte vom traditionellen Räuchern (dem „Rachn“ gehen) kommen oder aber von den rauen Gestalten, die sich in diesen Tagen in der Dunkelheit herumtreiben.
Seinen Ursprung haben die Rauhnächte aber ziemlich sicher in der Zeitrechnung. Ein Mondjahr umfasst 354 Tage, das Sonnenjahr besteht aus 365 Tagen. Somit ergeben sich 11 Tage bzw. 12 Nächte „zwischen den Jahren“. Es wird angenommen, dass an diesen „toten Tagen“ die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt sind und daher die Tore zur Anderswelt offen stehen.
Je nach Region und Brauchtum unterscheidet sich die Anzahl der Rauhnächte zwischen drei und zwölf Nächten. Mancherorts werden der 5./6. Dezember (Nikolaus) sowie 21./22. Dezember (Thomasnacht, Wintersonnenwende) als Rauhnacht angesehen. Meist handelt es sich aber um die zwölf Nächte ab dem 24. Dezember.
- 24./25. Dezember (Heiliger Abend)
- 25./26. Dezember
- 26./27. Dezember
- 27./28. Dezember
- 28./29. Dezember
- 29./30. Dezember
- 30./31. Dezember
- 31. Dezember/1. Januar (Silvester)
- 5./6. Januar
Schneebedecktes Land, eisiger Wind weht und früher streiften wilde Tiere auf Nahrungssuche und finstere Gestalten immer dichter um die Höfe. Kaum einer wagte es noch nach Einbruch der Dämmerung das Haus zu verlassen um den „Finsteren“ nicht zu begegnen. So entstanden viele Sagen und Mythen rund um diese Nächte.
Die Überlieferungen und Sagen zu den Rauhnächten sind so vielfältig wie die Auslegung der genauen Tage. Von Ort zu Ort und von Region zu Region gibt es viele unterschiedliche Sagen und Bräuche. So kennen viele die Erzählung von Frau Percht, die mit ihrem Gefolge in den Rauhnächten umher zieht um verirrte Seelen einzusammeln. Auch die „Wilde Jagd“ (Da das Tor zur Anderswelt offen steht haben verstorbene Seelen und Geister in diesen Nächten Ausgang und ziehen durchs Land) ist weitum bekannt. Auf diese Sagen ist auch zurückzuführen, dass man zwischen den Jahren keine Wäsche aufhängen soll. Die herum(schw)irrenden Seelen könnten sich in den aufgehängten Wäschestücken oder der Wäscheleine verfangen und Unheil über die Familie bringen.
Wie gefürchtet die Gestalten aus der Anderswelt früher waren bezeugen zum Beispiel die Perchtenläufe. Die Perchten sehen dabei oft sehr unterschiedlich aus, aber eines haben sie alle gemeinsam: Mit viel Lärm ziehen sie durch die Dörfer und um die Häuser um das Unheil fernzuhalten. und Böses zu vertreiben. (Auch der Brauch des Silvesterfeuerwerkes stammt davon ab).
So werden vielerorts an den 4 „wichtigen“ Rauhnächten das ganze Haus, der Hof und die darin lebenden Menschen geräuchert. Die Räucherungen sollen Schutz und Segen bringen und Mensch und Tier vor Unheil bewahren. Wie geräuchert wird, das ist wieder von Familie zu Familie verschieden. Die einen haben ein traditionelles Räucherpfandl, die anderen eine kunstvolle Räucherschale und wieder andere verwenden Räucherbüschl. In manchen Familien bekommt jeder Bewohner einen „Hut voll Rauch“ aufgesetzt (dabei wird ein Hut über den Rauch gehalten und anschließend auf den Kopf gesetzt – zum Schutz vor Krankheiten), in anderen Familien wird am 31. Dezember nur geräuchert wenn alle im Haus lebenden Personen anwesend sind – ist jemand nicht anwesend, so sagt man, dass im kommenden Jahr ein Familienmitglied von Frau Percht mit in die Anderswelt genommen wird. Und wieder genau so vielfältig wie die Rituale zu den Räucherungen ist das verwendete Räuchergut. Welche Kräuter und Harze verwendet werden, obliegt der Familie (bzw. teilweise der Familientradition). Egal wie es gemacht wird, Räucherungen in den Rauhnächten wird eine ganz besonders intensive Wirkung nachgesagt.
Vor allem in der heutigen Zeit sollen uns diese 12 besonderen Nächte aber auch Ruhe und Einkehr lehren. Früher saßen die Menschen an diesen Abenden in den Bauernstuben zusammen und wagten sich aus Angst nicht vor die Türe. Ohne moderne Technik waren die Menschen gezwungen miteinander zu reden, sie entwickelten Ritualen und (um die Zeit zu vertreiben) wurde orakelt. All das kommt in der heutigen Zeit viel zu kurz. Die besinnliche Zeit vor dem Weihnachtsfest verbringt ohnehin so gut wie niemand mehr wirklich besinnlich. Jeder ist gestresst und gehetzt von der Jagd nach Geschenken und Vorbereitungen auf das „große Fest“. So finde ich es umso wichtiger zwischen den Jahren in sich zu kehren, zur Ruhe zu finden, dankbar zu sein und ein kleines bisschen von „Früher“ wieder aufleben zu lassen.
Die Rauhnächte bewusst erleben und mit der Familie zu zelebrieren ist auch gar nicht so schwer, wie das vielleicht klingen mag.
Räuchern
Kleine Räucherrituale im Kreise der Familie sind ganz einfach. Man versammelt sich Abends statt vor dem Fernseher an einem gemütlichen Platz im Haus. Statt künstlichem Licht entzünden wir ein paar Kerzen und störende Faktoren wie Smartphones werden aus dem Raum verbannt. Ob für die Räucherung eine fertige Mischung (gibts mittlerweile schon vielerorts zu kaufen) oder selbst gesammeltes Räucherwerk (gemeinsames Sammeln und Vorbereiten von Harzen und Kräutern kann das ganze Jahr über mit der Familie praktiziert werden) verwendet werden ist dabei egal. Auch ob es eine Schale oder ein Pfandl ist, ob die Kohle aus dem Ofen kommt oder eine gekaute Räucherkohle ist, spielt dabei keine Rolle. Das ganz bewusste Miteinander steht hier im Vordergrund.
Ein paar Anregungen für das Familien-Ritual.
Jede Rauhnacht kann unter ein anderes „Motto“ gesetzt werden (Dankbarkeit, Gesundheit, Liebe, Fröhlichkeit, Wünsche ……) Wer mag kann seine Gedanken zum jeweiligen Motto formulieren, sich mit der Familie darüber austauschen und mit den andern Familienmitgliedern teilen, es kann aber auch ganz in Stille geräuchert werden.
Die Rauhnächte können aber auch unter den Familienmitgliedern aufgeteilt werden. Jeder darf dann an „seiner“ Rauhnacht die Kräuter und Harze verräuchern, die er sorgfältig dafür auswählt; darf seine Gedanken und Wünsche dazu erzählen und die restlichen Familienmitglieder hören zu und unterbrechen nicht.
Es können Orakel befragt werden, ihr könnt gemeinsam das Haus ausräuchern oder einfach an dem Platz bleiben. Räuchern ist eine sehr persönliche Sache und dafür gibt es keine Vorschriften. Und genau das macht es zu einem tollen Ritual für die ganze Familie.
Ein paar Ideen für Räuchermischungen zu den Rauhnächten gibts dann im nächsten Blogbeitrag!
Ruhe, Verzicht und Dankbarkeit
Aber nicht nur ein Räucherritual lässt uns an diesen Tagen zur Ruhe kommen, auch alte Bräuche können wieder aufgelebt werden lassen. Viele davon sind aufgrund unserer heutigen Lebensweise kaum mehr umsetzbar. 11 Tage keine Wäsche waschen? Das gelingt kaum jemandem. Und schon gar nicht mit (kleinen) Kindern im Haus. Aber man kann versuchen das Ganze bewusst zu machen. Muss wirklich jedes Teil das wir ohne es genau anzusehen zur Wäsche schmeißen wirklich schon gewaschen werden? Ist es notwendig jeden Tag ein neues Handtuch zu verwenden?
Die Fenster sind fleckig, der Boden nicht hygienisch rein und überhaupt könnte das ganze Haus eine Rundumreinigung vertragen? Das mag schon sein. Aber das kann doch auch noch ein paar Tage warten….
Muss ich in diesen Tagen wirklich zig Termine wahrnehmen? Wer die Möglichkeit hat sich zwischen den Jahren Urlaub zu nehmen sollte während dieser Zeit auch auf privaten Terminstress verzichten. Alle Verwandtenbesuche, die wir zwar vielleicht gerne machen, uns aber am Ende doch belasten weil damit viel Stress verbunden ist können doch auch zu anderen Zeiten stattfinden. Ist der Routinecheck beim Arzt am 30. Dezember wirklich notwendig oder kann ich den auch am 14. Jänner machen?
Auch in Sachen Verzicht kann man sich während der Rauhnächte ganz bewusst üben. Üppiges Essen, Kekse, Alkohol usw. das alles gehört heute zur Weihnachtszeit. Da könnte man nach den Feiertagen doch einfach mal einen Gang zurück schalten. Wann habt ihr zuletzt nur Dinge gekauft, die ihr wirklich braucht? Viele werden jetzt sagen, „ja, das mache ich öfter“. Aber ist die Schokoladentafel oder die Flasche Wein wirklich ein unverzichtbares Gut?
Verzicht kann aber nicht nur bei Lebensmitteln stattfinden. Muss wirklich ein neues Outfit für die Silvesterfeier gekauft werden? Gibts da nicht vielleicht doch noch ein paar Kleidungsstücke, die man neu kombinieren könnte für diesen Anlass?
Diese Liste kann man unendlich fortsetzen. Antworten auf all die Fragen kann nur jeder für sich selber finden. Das sind lediglich ein paar Anregungen für euch um in das Thema „einzusteigen“.
Ich möchte euch heute mit auf den Weg geben, dass diese Zeit, die für Viele bislang ganz unscheinbar gewirkt hat auch eine ganz Magische sein kann. Aber magisch wird sie nur, wenn wir sie dazu machen. Nehmen wir uns ein Beispiel an unseren Vorfahren, die in dieser Zeit die Arbeit ruhen ließen und in den Tagen zwischen den Jahren nur das taten was wirklich notwendig war. Sie ließen das vergangene Jahr Revue passieren, waren dankbar und demütig über das was es mit sich brachte und sie wünschten und erbitteten für das kommende Jahr.
Entscheidet selbst welche Rauhnächte für euch wichtig sein könnten, übernehmt bestehende Rituale oder erschafft eigene. Ihr werdet sehen, die Rauhnächte zu zelebrieren ist ein wunderbarer Weg um ins neue Jahr zu gehen.
1 Kommentare
Alles wunderbar liebe Susanne, es ist für mich sehr schwer, mit dem Stress und der Hektik die sich in den vergangenen Jahren bei mir aufgetürmt zurück zu nehmen. Will es aber dennoch versuchen.
Es ist für mich wunderbar die Bräuche zu zelebrieren, weil ich sie kaum kenne. Fühle mich trotzdem stark zu ihnen hingezogen.
Vielen Dank für Deine Inspiration.
L. G. Helmut RUDI